«Fotografie für dich» – Die Lust an der vielseitigen Hobbyfotografie

Der Fotograf, Grafikdesigner, Corporate-Designer, Typograf und Fotobuchprofi Ralf Turtschi veröffentlicht sein neuestes Buch «Fotografie für dich». Zum Anlass der Veröffentlichung, des von Bubu produzierten Buchs, haben wir den Buchautor zum Interview getroffen.

Dein neues Buch «Fotografie für dich» erscheint im Februar 2022. Kannst du das Projekt bitte kurz erläutern?

Das Buch soll eine Inspirationsquelle für alle Fotografie-Begeisterten sein. Es geht darum, wie man zu besseren Fotos kommt, ganz gleich, mit welcher Kamera man unterwegs ist. Ich beschreibe die gestalterischen Grundlagen und die Wirkung, die von Bildern ausgeht. Mit über 700 Abbildungen vermittle ich in ganz verschiedenen fotografischen Bereichen Tipps und Tricks, die man selbst ganz einfach umsetzen kann. Das Buch ist ein Fundus an Ideen: Schweizer Landschaftsfotografie, Reisefotografie, Blumen, Wasserfälle, Seen, Strassen, Brücken, Menschen, Kinder, Architektur – einfach alles, was der engagierte Amateur für sein Hobby braucht. Die Beispiele zeigen die Fotografie, die ohne teure Zusatzausrüstung auskommt, keine aufwendigen Settings, kein Studio und keine Assistenten. Man kann das Buch lesen und sofort auch tolle Bilder schiessen. Die Motive liegen nicht 12 Flugstunden entfernt, ich zeige eine zugängliche Fotografie, die vor der eigenen Haustür beginnt.

Ralf Turtschi; Fotografie für dich; 272 Seiten 20 × 25 cm; mit über 700 Fotos und Abbildungen. Im Hintergrund: Vom Wildspitz fotografiert, Nebelmeer über Schwyz.


Was hat dich dazu bewogen, dieses Buch zu schreiben?

Nun ja, als Gestalter, Dozent, Fotograf und Medienkonsument habe ich immer wieder Bilder vor Augen, bei denen ich Mängel sehe. Ich orte Defizite bei der Bildgestaltung und bei der Postverarbeitung, also der Bearbeitung mit einer Bildbearbeitungssoftware wie Lightroom, Photoshop, Luminar oder Affinity. Bilder haben technische Fehler, sie sind zu dunkel, zu hell oder zu bunt – die Schärfe liegt nicht am richtigen Ort, der Ausschnitt ist mangelhaft, der Horizont liegt schief oder elementare Grundregeln der Gestaltung werden verletzt. Selbst die Berufsfotografen sind Quereinsteiger und verfügen über wenig gestalterische Grundbildung – oft sind sie zudem auf ein Genre spezialisiert. Meine Grundlagen über die Bildgestaltung geht alle an, die fotografieren. Die Ausschnittwahl im Sucher und das Abdrücken machen aber nur einen kleinen Teil der Fotografie aus. Es braucht auch Glück, das Lauern, Ertragen von widrigen Bedingungen, Geduld, die Freude, mit Menschen umzugehen, Mut oder die Postverarbeitung am Computer. Im Sommer 2021 fasste ich den Entschluss, mein Wissen und meine Sichtweise zwischen zwei Buchdeckeln zu fassen. Es enthält neuartige Denkanstösse und soll damit die Bildkompetenz erhöhen.

Du äusserst dich im Buch kritisch gegenüber der Drittelsregel und dem Goldenen Schnitt. Sind diese Regeln in deinen Augen mittlerweile veraltet, oder was bewegt dich zu deiner Sichtweise?

Der Goldene Schnitt und die Drittelsregel ähneln sich ja und werden im fotografischen Diskurs und in der Lehre völlig überbewertet. Sie können nur selten überhaupt angewendet werden, da sie mit Proportionen (1 : 2) spielen. Sobald aber keine solchen vorhanden sind, ist es mit den beiden vorbei: bei einer Gruppe von Menschen, oder bei Landschaftsaufnahmen mit Diagonalen, bei Sportereignissen, bei Strukturen und Texturen sind diese Regeln unsinnig. Völlig daneben ist die irrige Annahme, dass die Drittelsregel zu Harmonie und zu Bildqualität führt. Ich positioniere mein Motiv lieber in bestimmten Zonen, die mit Dynamik zu tun haben. Im Zentrum wirken Motive symmetrischer und ruhiger, in der Extremposition am Rand oder ganz angeschnitten wirken sie spannender, dynamischer. Zwischen der ruhigen Zentrumszone und der Extremzone liegt die Zone der Dynamik, wo die Drittelsregel und der Goldene Schnitt dazugehören. Gute Fotos leben aber nicht allein von der Stellung des Motivs im Bild, da gibt es ganz viele andere Faktoren, die das Bild gut machen, wie beispielsweise Mimik, Gestik, Beziehungen, Farben, Texturen, Licht und Schatten, Perspektive usw. Man darf also nicht so tun, dass ein Bild besser oder harmonischer wirke, wenn man nur die Drittelsregel befolgen würde. Ich halte das für eine unreflektierte Besessenheit. Es gibt keinen stichhaltigen Grund, die Proportion 1 : 2 bei der Bildgestaltung zu favorisieren, 2 : 3 oder 3 : 4 oder 4 : 5 sind genauso gut.


Verschiedene Zonen im Bildformat sorgen eher für Ruhe oder Spannung. Die Ausschnittwahl hilft, diese Wirkung zu unterstützen. Mit gut oder schlecht hat dies aber überhaupt nichts zu tun. Wer also konsequent auf die Drittelsregel achtet, vergibt die andern Optionen, nämlich Ruhe oder extreme Spannung ins Bild zu bringen.

Du bist Fotograf, Grafikdesigner, Corporate-Designer, Typograf und Fotobuchprofi. Woher kommt deine Begeisterung für Themen rund um Gestaltung und Design?

Als Schriftsetzer habe ich die Formen- und Farbenlehre von der Pike auf erlernt, später als Agenturinhaber in der gesamten visuellen Kommunikation angewendet. Spannend für mich sind die interdisziplinären Verwandschaften: Bei einem Logo, einer Anzeige oder einem Magazin greifen die gleichen Gesetze wie in der Fotografie. Zum Beispiel die Verdichtung (Pizzaflyer) oder der Minimalismus. Oder das Gesetz von Figur und Grund. In den Fotobüchern ist der Weissraum das Entscheidende, nicht die vielen Fotos, die man aus bester Absicht positioniert. Auch bei der Fotografie ist es vielfach der Umgebungsraum, der das Motiv betont. Gestaltung ist ein schöpferischer Prozess, der auch in der Fotografie extrem befriedigend ist. Ich habe etwas im Kopf, langsam beginnt es zu reifen, dann gehe ich hinaus und ziehe mein Ding durch. Am Computer bringe ich den Finish an und freue mich am Gelingen.

Design ist auch deshalb so spannend, weil die verschiedenen Elemente wie Text und Bild in unendlich vielen Klangkombinationen erscheinen können.

Als Design-Aficionado legst du grossen Wert auf die Erscheinung deiner Arbeit. Inwiefern hat dich dein Anspruch zu Bubu als Produktionspartner geführt?

Ich schätze Bubu schon seit Jahren, «Fotografie für dich» ist nun das vierte grössere Werk, das Bubu für mich bindet. Ausserdem habe ich seit 2005 rund 100 Fotobücher hergestellt, in allen Grössen und Ausführungen. Die halten heute noch. Bei Bubu treffe ich freundliche Leute, zudem passt mir die Swissness mit Zuverlässigkeit und dem besten Know-how, das man in der Bindetechnik überhaupt erhalten kann.

Seit 2005 hat Ralf Turtschi über 100 Fotobücher in allen Papiervariationen und Grössen hergestellt.

Für deine Tipps rund um die Fotobuch-Gestaltung wählst du seit jeher Bookfactory – was uns natürlich sehr freut. Kannst du erklären, warum du auf unsere Software setzt oder an was es liegt?

2005 ging es damals ja los mit den Fotobüchern. Ich machte Bubu den Vorschlag, mit einem Rastersystem zu arbeiten und gestaltete dieses. Es ist heute noch im Einsatz, und für mich die einzige Art, präzise und schnell zu professionellen Fotobüchern zu gelangen. Das bei Konkurrenten gebräuchliche Häuschensystem halte ich für laienhaft. Ausserdem ist die individuelle Vielseitigkeit für mich wichtig. Ich mag es nicht, meine Fotobücher im immer gleichen, weissen Papier zu fertigen. Bei Bubu habe ich verschiedene Papiere und Dicken zur Auswahl, damit kann ich meine Fotos optimal inszenieren! Ein haptisches Naturpapier für Landschaftsfotos, Seidenglanz für Architektur. Als Profi benutze ich heute meistens InDesign für die Gestaltung meiner Fotobücher, wo ich alle gestalterischen Wünsche realisieren kann. Ein PDF schreiben und hochladen, das kann ich bei Bookfactory (www.pdf-to-book.ch) in einem einfachen Workflow. Wenn einmal etwas nicht klappt, greife ich zum Telefon und habe innert Minuten schweizerdeutsch sprechende Kompetenz am Draht und die Lösung im Kopf.

Deine Top-3-Tipps für eine erfolgreiche Fotobuchgestaltung?

  1. Wähle im Durchschnitt nicht mehr als drei Bilder für die Doppelseite aus. Lasse grosszügig Weissraum stehen und kleistere nicht die ganzen Seiten lieblos zu. Ein Fotobuch ist keine Pinwand.
  2. Bring gestalterisch Ruhe in deine Fotobücher. Dies erreichst du mit Gleichartigkeit. Positioniere deine Fotos in nur wenigen Grössen und mit gleichen Abständen. Vermeide Rahmen, Schablonen und schräge Positionierungen.
  3. Benütze Text, um dein Buch oder deine Bilder mit erklärenden Informationen zu versehen. Texte sind hervorragende Sehanleitungen, die zudem das sofortige Weiterblättern verzögern.

Steckbrief zum Buch

Ralf Turtschi; Fotografie für dich; 272 Seiten, Hardcover mit Klebebindung und rundem Rücken, mit über 700 Fotos und Abbildungen; Preis Fr. 40.– (exkl. Versand/Verpackung); enthaltend zwei Gutscheine, einer über Fr. 30.– von Bookfactory, einer über Fr. 20.– von Printolino. Eigenverlag.

Infos und Bestellungen über den Webshop: www.fotografie-fuer-dich.ch

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